1 Einleitung

Dem Internet der Dinge und den dazugehörigen smarten Produkten wird eine hohe disruptive Kraft zugesprochen, die „das Potenzial hat, die Welt zu verändern, genau wie das Internet“ (aus dem Englischen übersetzt; Ashton 2009, o. S.). So hat das World Wide Web in den 1990er Jahren sowohl Produkte und Dienstleistungen als auch ganze Geschäftsmodelle revolutioniert (Ashton 2009; Keskin and Kennedy 2015). Andere Forscher bezeichnen das Internet der Dinge als die „nächste Evolution des Internets“ (aus dem Englischen übersetzt; Georgakopoulos und Jayaraman 2016, S. 1043).

Prognosen verweisen ferner auf das hohe Marktpotenzial smarter Produkte. So schätzt Forbes (Kanellos 2016) unter Bezug auf die International Data Corporation (IDC), dass bis 2025 etwa 80 Mrd. physische Objekte mit dem Internet verbunden sein werden und dies dazu führen wird, dass die weltweite Gesamtdatenmenge bis 2025 auf 180 Zettabyte steigen wird. Das Marktpotenzial des Internet der Dinge zeigt sich ebenfalls bei Unternehmensakquisitionen. So hat Google 2014 für 3,2 Mrd. Dollar das Unternehmen Nest gekauft, das u. a. ein smartes Thermostat herstellt (Tilley 2014).

Aufgrund des erwarteten Potenzials smarter Technologien hat sich die Forschung bereits einigen Facetten gewidmet. Insbesondere haben Wissenschaftler intensiv die technologischen und ingenieurtechnischen Herausforderungen im Internet der Dinge erforscht (Kortuem et al. 2010; Atzori et al. 2010). Auch Business-to-Business-Beziehungen im Kontext von Lieferketten wurden studiert (Geerts und O’Leary 2014; Shim et al. 2017). Weiterhin beschreiben unter anderem Porter und Heppelmann (2014) die Auswirkungen smarter Produkte auf Unternehmen sowie die geschäftsbezogenen Chancen und Herausforderungen, z. B. im Hinblick auf neue Geschäftsmodelle. Weitere Arbeiten zu Methoden der Geschäftsmodellinnovation (Bucherer und Uckelmann 2011; Turber et al. 2014; Dijkman et al. 2015), Architekturen von smarten Produkten (Yoo et al. 2010) und Betrachtungen smarter Dienstleistungen (Lim et al. 2016; Beverungen et al. 2017b) lassen sich ebenso finden.

Es wird deutlich, dass die Forschung zu smarten Produkten bereits eine Bandbreite an Themen umfasst. Eine Vielzahl von Fragen ist jedoch zugleich noch offen. Dieser Grundlagenbeitrag möchte daher auf die bisherige Forschung aufsetzen und einige wesentliche Grundlagen zu smarten Produkten und Diensten sowie die daraus resultierenden Auswirkungen auf Unternehmen und Geschäftsmodelle erörtern.

2 Vom Ursprung smarter Produkte

Dem mooreschen Gesetz zufolge verdoppelt sich die Anzahl der Transistoren auf Mikrochips ungefähr alle 12 bis 24 Monate (Moore 1965). Infolge der rasant gestiegenen Rechenleistung in der Informationstechnologie wird heutzutage vielfach vom zweiten Maschinenzeitalter gesprochen. Dieses habe das erste Maschinenzeitalter abgelöst, das durch die 1775 erfundene Dampfmaschine und die damit verbundenen produktionsbedingten Effizienzsteigerungen geprägt war. Neben der stetig steigenden Rechenleistung konnten Hardwarekomponenten sukzessive kleiner und kostengünstiger produziert werden, wodurch es nun möglich war, diese in vielfältige Anwendungsbereiche zu integrieren. Des Weiteren förderte der technologische Fortschritt mit der Implementierung intelligenter Objekte, dass Innovationen besser vorangetrieben werden können. So konnten nicht nur Informationen zu geringeren Kosten geteilt werden, sondern es stand nun ausreichend Rechenleistung zur Verfügung, um die gesammelten Datenmengen mittels maschineller Verfahren auszuwerten (Brynjolfsson und McAfee 2014). In Deutschland wird für das zweite Maschinenzeitalter oftmals der Begriff der Industrie 4.0 oder der vierten industriellen Revolution verwendet (Wollert o.J.; Drossel et al. 2018).

Die Zahl Vier rührt daher, dass vier technologische Entwicklungsphasen unterschieden werden: Die erste Phase der industriellen Revolution beruht auf dem Einzug maschineller Produktionsanlagen in den Fabriken. Die Einführung der Massenproduktion und die Nutzung elektrischer Energie bildet die Grundlage für die zweite Phase. Darauf aufbauend konzentriert sich die dritte Phase der industriellen Revolution auf den Einsatz von Elektronik und Informationstechnik (IT), um eine erhöhte Automatisierung zu erreichen. Die aktuelle vierte Phase beschäftigt sich mit der Vernetzung der Produktion durch IT auf Grundlage des Internets (Drossel et al. 2018). Bei Letzterem ist es das Ziel, jegliche Maschinen, Roboter, Förder- und Lagersysteme sowie Produktionseinheiten in Fertigungsunternehmen mit digitalen Fähigkeiten auszustatten und untereinander zu vernetzen. Im Idealzustand ist die komplette Wertschöpfungskette digitalisiert und Mensch, Maschine und IT sind miteinander vernetzt (Bruhn und Hadwich 2017). Dies wiederum begünstigt dynamische Geschäftsprozesse, die durch autonome, sich selbst steuernde, konfigurierende und optimierende Systeme ermöglicht werden (Kagermann 2014). Häufig werden diese Systeme als cyber-physische Systeme (CPS) bezeichnet, da sie aus physischen Objekten (physische Komponenten) mit eingebetteten Computern und Netzwerken bestehen (digitale Komponenten) (Lee 2008; Kagermann 2014). Hierbei überwachen die digitalen Komponenten die physischen und beide Komponenten beeinflussen sich gegenseitig (Lee 2008). Die Internationale Organisation für Standardisierung (engl. International Organization for Standardization, ISO) setzt das Konzept der CPS mit dem des Internet der Dinge gleich (ISO/IEC 2015). Weitere Konzepte, die ebenfalls auf der Verbindung physischer und digitaler Komponenten beruhen und das Ideal selbstoptimierender autonomer Systeme verfolgen, sind Ubiquitious Computing und Smart (Connected) Products. Bei all diesen Konzepten wird ferner ein durchgehender Informationsaustausch über das Internet benötigt (Drossel et al. 2018). Unterschiede in den Konzepten ergeben sich daraus, dass die Industrie 4.0 und CPS vornehmlich in der Industrie verwendet werden. Jedoch sind abseits von Fabriken zunehmend Gegenstände in anderen Branchen, etwa im Handel, sowie im privaten Umfeld miteinander vernetzt, beispielsweise intelligente Thermostate und Fensterkontakte im Smart-Home-Sektor, die selbstlernend die Temperatur nach den Präferenzen der Bewohner regeln (Porter und Heppelmann 2014). Unabhängig von bestimmten Branchen und Lebensbereichen wird dieses Phänomen als das Internet der Dinge (engl. Internet of Things, manchmal ferner Internet of Everything) bezeichnet (Kagermann 2014).

Ähnlich wie die CPS als physische Objekte der Industrie 4.0 zugrundeliegen, führt die Literatur im Kontext des Internet der Dinge sogenannte intelligente, vernetzte Produkte (engl. smart, connected Products) (Porter und Heppelmann 2014) oder Synonyme wie Smart Things (Püschel et al. 2016) oder Smart Objects (López et al. 2011; Fleisch et al. 2015) ein.

Abb. 1 zeigt die Begriffe Ubiquitous Computing, Internet der Dinge, CPS, Industrie 4.0 sowie smart, connected Products in einer zeitlichen Übersicht nach ihrer erstmaligen Erwähnung.

Abb. 1
figure 1

Entstehung der Konzepte zur Informatisierung und Vernetzung jeglicher Objekte (in Anlehnung an Wollert o.J.; Paukstadt et al. 2019)

Ubiquitous Computing bezeichnet die Idee eines allgegenwärtigen Computers, die bereits 1988 von Mark Weiser vorgestellt wurde und als Vorläufer der anderen Konzepte aufgefasst werden kann (Weiser 1991; Wollert o.J.). Als Begründer des Terminus’ Internet der Dinge ist Kevin Ashton (2009) bekannt, der ihn 1999 bei einer Präsentation verwendete, um zu beschreiben, wie man mit RFID und Internettechnologie Wertschöpfungsketten steuern kann. 2006 wurde sodann der Begriff des CPS von Helen Gill von der National Science Foundation erstmalig erwähnt (Gill 2008). Im US-amerikanischen Raum ist das Konzept des Internet der Dinge oder des Industrial Internet of Things verbreitet, wohingegen Deutschland als Gegengewicht einen eigenen Terminus geprägt hat, die Industrie 4.0 (Wollert o.J.). Weitergehende Aufmerksamkeit erfuhr das Thema im Jahr 2014, als Porter und Heppelmann (2014) in einem Beitrag im Harvard Business Journal die Smart, connected Products einführten und damit die zunehmenden Fähigkeiten intelligenter Objekte sowie die dadurch ausgelösten einschneidenden Auswirkungen auf Unternehmen, Wettbewerb und jegliche Lebensbereiche aufzeigten. Auch wenn andere Autoren bereits zuvor smarte Objekte (z. B. López et al. 2011) oder weitere Synonyme erwähnt haben, hat der Artikel von Porter und Heppelmann (2014) großes Interesse in der Forschung erhalten. Ferner liegt dessen Verständnis von smarten Produkten diesem Beitrag zugrunde.

3 Smarte, vernetzte Produkte

Im Vergleich zu klassischen Produkten bieten intelligente, verbundene Produkte deutlich mehr Interaktionsmöglichkeiten zwischen Anbieter und Nutzer. Dies bietet zwar eine höhere Chance zur Generierung von Mehrwerten, setzt aber eine differenzierte Entwicklung und Produktion im Vergleich zu klassischen Produkten voraus, da diese neben den herkömmlichen Produktkomponenten über die zur Kommunikation und Interaktion notwendigen Bauteile verfügen müssen.

3.1 Eine Einordnung smarter Produkte

Wie bereits im Rahmen der historischen Betrachtung deutlich wurde, existiert eine weitgehende Begriffsvielfalt im Internet der Dinge und im Speziellen im Kontext smarter Produkte. Somit stellt sich die Frage, was intelligente, verbundene Produkte ausmacht und wie man diese beschreiben kann. Da im Rahmen des Schwerpunktheftes der von Porter und Heppelmann (2014) geprägte Begriff der smarten (vernetzten) Produkte im Zentrum steht, soll dieser im Folgenden als Ausgangspunkt der Betrachtung dienen.

Porter und Heppelmann (2014) beschreiben hierbei nicht nur die Produkte an sich, sondern einen ganzen Technologie-Stack, der notwendig ist, um diese wertschöpfend einsetzen zu können (Abb. 2). Grundlage der Architektur bilden die intelligenten Produkte, die aus physischen, intelligenten Komponenten und einer kommunizierenden Komponente bestehen (Porter und Heppelmann 2014).

Abb. 2
figure 2

Technologie-Stack für smarte, vernetzte Produkte (in Anlehnung an Porter und Heppelmann 2014)

Die physische Komponente umfasst alle im Produkt verbauten mechanischen und elektrischen Bauteile, die für den Produktbetrieb notwendig sind. Unter dem Begriff der intelligenten Komponente subsumieren die Autoren alle für die Interaktion notwendigen Bestandteile wie Sensoren oder Aktoren. Allerdings ist diese Komponentengruppe nicht nur auf physische Teile beschränkt. So zählen Porter und Heppelmann (2014) auch Software für die Regelsteuerung oder Benutzeroberflächen dazu.

Damit die intelligenten Produkte neben der Interaktion mit der Umgebung auch mit anderen Produkten oder mit dem Hersteller kommunizieren können, um beispielsweise Daten auszutauschen oder Aktionen zu empfangen, benötigen sie eine Netzanbindung. Porter und Heppelmann (2014) sehen hier drei Kommunikationsparadigmen, die sowohl einzeln als auch gleichzeitig implementiert sein können. Sie unterscheiden dabei nicht zwischen einer kabelgebundenen oder kabellosen Verbindung. Die einfachste Verbindungsart stellt hierbei die One-to-One- beziehungsweise Eins-zu-Eins-Verbindung dar, die einzelne Produkte mit Hersteller, Benutzer oder mit einem anderen Produkt verbindet. One-to-Many kommt zum Einsatz, wenn ein zentrales Herstellersystem mit einer Mehrzahl von Produkten verbunden ist, um beispielsweise zentral Software auszurollen (Porter und Heppelmann 2014). Porter und Heppelmann (2014) nennen als Beispiel den Automobilhersteller Tesla, der mittels dieser Verbindungsart die Leistung der Fahrzeuge überwacht und zentralisiert Softwareupdates einspielt. Das dritte Kommunikationsparadigma stellt die Many-to-Many-Verbindung dar, wodurch viele unterschiedliche Produkttypen und oft noch zusätzliche Datenquellen miteinander verbunden werden (Porter and Heppelmann 2014).

Neben den smarten Produkten an sich beinhaltet die von Porter und Heppelmann (2014) aufgezeigte Architektur allerdings noch eine weitere zentrale Komponente, die Produkt-Cloud. Diese dient primär als Träger- und Analyseplattform für Software und gesammelte Daten. Das cloudbasierte Informationssystem verfügt dabei sowohl über eine eigene Datenhaltungsschicht als auch über ein Werkzeugset zur Softwareentwicklung oder zur Visualisierung der gesammelten Daten. Ebenfalls ist entsprechende Software zur Steuerung, Überwachung oder Optimierung der intelligenten Produkte in der Produkt-Cloud integriert (Porter und Heppelmann 2014).

Neben der von Porter und Heppelmann (2014) hervorgebrachten Konzeptualisierung smarter Produkte haben sich weitere, ähnliche Termini entwickelt. Einen eher allgemeinen und Internet-der-Dinge-orientierten Fokus liefern Fleisch et al. (2014) und López et al. (2011) mit dem Begriff Smart Objects. Fleisch et al. (2014) beschreiben hierbei den Aufbau ähnlich wie Porter und Heppelmann (2014) in fünf Ebenen. Im Speziellen für Fleisch et al. (2014) zeigen Schiller et al. (2018), dass zwar die Terminologien der einzelnen Ebenen unterschiedlich, die dahinter liegenden Konzepte aber gleichbedeutend sind. Die Autoren zeigen dabei auf, dass drei der fünf Ebenen direkt den Produktkernkomponenten zugewiesen werden können und sich die von Fleisch et al. (2014) beschriebene Analyse- und Dienstleistungsebene ebenfalls im Technologie-Stack von Porter und Heppelmann (2014) innerhalb der Produkt-Cloud wiederfinden lässt (Abb. 2).

Püschel et al. (2016) präsentieren basierend auf den bereits vorgestellten Konzeptualisierungen von Porter und Heppelmann (2014) und Fleisch et al. (2014) einen eigenen, auf vier Dimensionen fußenden Smart-Things-Aufbau. Schiller et al. (2018) sehen den gravierendsten Unterschied zu den bisherigen Konzeptualisierungen in der von Püschel et al. (2016) explizit dargestellten Datenebene in Form einer Datenschicht, unterteilt in Datenquellen und deren Nutzung. Diese Aspekte sind in den bereits genannten Konzeptualisierungen ebenfalls vorhanden, wenn auch eher implizit (Schiller et al. 2018).

Novales et al. (2016) präsentieren hingegen keine Darstellung in Ebenen, sondern fünf Bausteine – smartness, connectivity, servitization, ecosystem und hybridity – als zentrale Elemente. Hier sehen Schiller et al. (2018) ebenfalls Überschneidungen mit bereits genannten Autoren. So bauen Novales et al. (2016) auf Porter und Heppelmann (2014) auf. Ferner lassen sich die Bausteine von Novales et al. (2016) direkt auf die fünf von Fleisch et al. (2014) definierten Ebenen anwenden (Schiller et al. 2018). Eine Ausnahme stellt hierbei der Baustein ecosystem von Novales et al. (2016) dar (Schiller et al. 2018). Den gravierendsten Unterschied zu den anderen Autoren sehen Schiller et al. (2018) bei Novales et al. (2016) darin, dass Bausteine optional sind, wohingegen die anderen Autoren alle Ebenen beziehungsweise Komponenten immer als notwendig ansehen. Abschließend weisen Schiller et al. (2018) allerdings darauf hin, dass aus ihrer Sicht die Verwendung nur einzelner Bausteine nicht sinnvoll erscheint, und raten zur Verwendung aller Bausteine.

Auf Grundlage der analysierten Architekturen präsentieren Schiller et al. (2018) schließlich einen eigenen Komponentenansatz zur Konzeptualisierung smarter, vernetzter Produkte, basierend auf fünf Komponenten – physical, sensor, connectivity, service und analytical – und zwei zentralen Bereichen (Abb. 3). Umgeben werden die einzelnen Komponenten von einem Ökosystem. Dieses wird in Anlehnung an Tilson et al. (2013) und Zhang und Jacob (2011) als „virtuelle Entität“ beschrieben, die es den einzelnen Entitäten des Systems ermöglicht, zusammenzuarbeiten, zu interagieren aber auch zu konkurrieren.

Abb. 3
figure 3

Konzeptualisierung von Smart Connected Products (in Anlehnung an Schiller et al. 2018)

Basis der Konzeptualisierung bilden die Basiskomponenten „physische Komponente“ und „sensorische Komponente“, die die physischen und intelligenten Teile des Produktes darstellen. Darauf aufbauend dient eine Verbindungskomponente (Connectivity Component) zur Kommunikation als Schnittstelle zwischen dem Produkt an sich und weiteren Komponenten. Diese Verbindungskomponente gehört ebenfalls zu den Basiskomponenten. Zusätzlicher Mehrwert wird durch einen Dienstleistungsbaustein und eine analytische Komponente geschaffen. Unter diesen Komponenten wird die „Analytical Engine“ von Porter und Heppelmann (2014), der „Data Layer“ von Püschel et al. (2016), der „Service Layer“ von Fleisch et al. (2014) sowie die „Servitisation“ von Novales et al. (2016) subsumiert (Schiller et al. 2018).

Abschließend offenbart sich somit, dass trotz der unterschiedlichen Terminologien und Konzeptualisierungen ein grundlegend ähnliches Verständnis innerhalb der Literatur für intelligente, vernetzte Produkte und deren Aufbau besteht.

3.2 Die Fähigkeiten smarter Produkte

Auf Basis von Sensoren und Aktoren bieten die intelligenten Produkte völlig neue Funktionalitäten und Interaktionsmöglichkeiten im Vergleich zu traditionellen Produkten. Die Bandbreite an Einsatzmöglichkeiten der Produkte ist hierbei nicht nur auf einfache Tätigkeiten wie Darstellungs- oder Kontrollaufgaben beschränkt. Porter und Heppelmann (2014) gliedern das Spektrum der Fähigkeiten smarter Produkte in die vier aufeinander aufbauenden Kategorien Monitoring, Controlling, Optimization und Autonomy (Abb. 4).

Abb. 4
figure 4

Die Fähigkeiten smarter Produkte (in Anlehnung an Porter und Heppelmann 2014)

Die grundlegende Fähigkeit bildet das Monitoring beziehungsweise die Überwachung. Durch die im Produkt verbauten Sensoren ist es möglich, den eigenen Betriebszustand zu überwachen. Ebenso können externe Einflüsse aus dem Produktumfeld aufgenommen und verarbeitet werden (Porter und Heppelmann 2014; Beverungen et al. 2017b). Je nach Domäne und Einsatzzweck kann bereits durch das Aufzeichnen und Darstellen der Daten ein Mehrwert für den Nutzer entstehen – wie beispielsweise bei der intelligenten Waage Aria des Unternehmens FitbitFootnote 1. Aria bereitet dem Nutzer die kontinuierlich gesammelten Messwerte grafisch auf und unterstützt die individuellen Gesundheitsziele. Porter und Heppelmann (2014) weisen aber darauf hin, dass das Monitoring nicht nur auf die Datendarstellung beschränkt ist, sondern ebenso die Möglichkeit bietet, den Nutzer durch Benachrichtigen über den eigenen Betriebszustand oder externe Veränderungen zu informieren oder diesen sogar vor zukünftigen Ereignissen zu warnen. Ein Beispiel aus dem Endkundenbereich für das Interaktionsmuster Monitoring stellt die intelligente, videobasierte Türklingel VideoDoorBell Elite des Unternehmens RingFootnote 2 dar, die den Nutzer automatisch über einen Besucher informiert und gegebenenfalls eine Videoverbindung aufbaut.

Basierend auf den durch das Monitoring gesammelten Daten bietet die zweite Fähigkeitsstufe smarter Produkte die Option, Aktionen durchzuführen. Porter und Heppelmann (2014) subsumieren dies unter dem Begriff des Controllings beziehungsweise der Steuerung. Die Aktionen können entweder durch das Produkt auf Basis eines definierten Sets an Regeln ausgelöst werden oder durch das aktive Fernsteuern des Benutzers. Der Interaktionsregelsatz kann dabei entweder direkt in das Produkt integriert oder über die Produkt-Cloud zur Verfügung gestellt werden. Das bietet zwar die Vorteile der Dezentralisierung, erfordert allerdings eine ständige Verbindung und einen kontinuierlichen Datenaustausch (Porter und Heppelmann 2014). Beverungen et al. (2017a) bemerken im Rahmen der Steuerung, dass sowohl digitale als auch physische Aktionen durch die Produkte ausgeführt werden können, wohingegen Porter und Heppelmann (2014) rein digital gesteuerte Realweltbeispiele im Zuge des Controllings präsentieren.

Die dritte Fähigkeitsstufe smarter Produkte bildet die Optimization beziehungsweise Optimierung, wodurch während des Betriebes Parameter eines smarten Produktes angepasst und im Kontext des Anwendungsszenarios verbessert werden können (Porter und Heppelmann 2014). Basis der Optimierung bilden hierbei Echtzeitdaten des Gerätes, die mittels integrierter Sensoren gesammelt wurden, und historische Daten. Die Auswertung der Datenbestände wird auf Grund des Datenumfangs und der Komplexität der Algorithmen nicht vom Produkt selbst, sondern innerhalb der Produkt-Cloud durch entsprechende Frameworks durchgeführt. Um eine Steigerung der Effizienz, Auslastung oder Leistung der Produkte zu erreichen, können die Daten mit weiteren externen Datenquellen wie Wetter- oder Geodaten angereichert werden (Porter und Heppelmann 2014). Als Beispiel hierfür nennen Porter und Heppelmann (2014) Windkraftanlagen, die in Abhängigkeit von den Wetterbedingungen und dem eigenen Betriebsstatus mit Hilfe von Elektromotoren die Rotorstellung der Windkrafträder anpassen, um die maximale Energiegewinnung zu gewährleisten.

Die vierte und damit höchste Fähigkeitsstufe stellt die Autonomy beziehungsweise Autonomie dar. Durch die Kombination aller anderen Fähigkeitsstufen ist es intelligenten Produkten in einem gewissen Rahmen möglich, vollkommen eigenständig zu agieren. Der Grad an Autonomie zwischen verschiedenen Produkten ist hierbei sehr unterschiedlich. So verfügen intelligente Produkte wie Saugroboter zwar über eine gewisse Autonomie, indem sie selbstständig den Boden in der Wohnung reinigen. Sie sind aber nicht derart selbstständig, komplexe Problemstellungen eigenständig lösen zu können. So agieren im Business-to-Business-Bereich beispielsweise die Minenfahrzeuge der Joy Global Inc. autonom und stimmen sich innerhalb des Minensystems mit anderen Systemelementen ab. Der Mensch fungiert lediglich als überwachendes Element (Porter und Heppelmann 2014). Porter und Heppelmann (2014) sehen den größten Mehrwert in solchen autonomen Produkten, insbesondere, wenn es um die Orchestrierung diverser Produkte und Systeme geht.

4 Von smarten Produkten zu smarten Diensten

Aufbauend auf den smarten Produkten entstehen smarte Dienstleistungen. Ähnlich wie traditionelle Dienstleistungen sind smarte Dienstleistungen dadurch gekennzeichnet, dass spezifisches Wissen und Fähigkeiten durch Taten, Leistungen und Prozesse angewendet werden (Vargo und Lusch 2004; Beverungen et al. 2017b). Das Besondere hinsichtlich smarter Dienstleistungen ist nun, dass smarte Produkte hierbei Grenzobjekte smarter DienstleistungssystemeFootnote 3 darstellen. Aufbauend auf den Fähigkeiten smarter Produkte vernetzen smarte Dienstleistungssysteme Ressourcen und Akteure digital miteinander und schaffen einen individualisierten, gemeinsam erzeugten Wert zum gegenseitigen Nutzen aller Akteure. Ein wesentlicher Unterscheidungsfaktor zu herkömmlichen Dienstleistungssystemen besteht darin, dass smarte Dienste auf Grundlage gesammelter und verarbeiteter Daten erzeugt werden. Letzteres führt dazu, dass die Dienstleistungssysteme lernfähig sind, sich dynamisch anpassen, selbstständig Entscheidungen treffen und ihre Reaktion auf zukünftige Situationen verbessern (Medina-Borja 2015; Beverungen et al. 2017b).

Da smarte Dienstleistungen auf smarten Produkten beruhen und jedes smarte Produkt eine digitale Dienstleistungskomponente besitzt, sind beide inhärent miteinander verbunden (Fleisch et al. 2014). Die digitale Dienstleistungskomponente eines smarten Thermostats beispielsweise beruht auf der Fähigkeit des Thermostats, sich mit dem Internet zu verbinden und, basierend auf externen Wetterdaten, die Temperatur anzupassen oder dem Nutzer Energieverbrauchsdaten anzuzeigen. Aus diesem Grund werden smarte Produkte häufig als Produkt-Service-Systeme (beziehungsweise smarte Produkt-Service-Systeme) aufgefasst, die physische Produkte und digitale Dienstleistungen miteinander verbinden und dies als eine integrierte Kundenlösung anbieten (Goedkoop et al. 1999; Valencia et al. 2015). So werden smarte Produkte in der Regel zusammen mit einer Smartphone-Applikation verkauft, über die die Nutzer auf die smarten Dienste zugreifen können. Im Vergleich hierzu werden traditionelle Dienstleistungen z. B. als Garantie dem Produkt hinzugefügt (Valencia et al. 2015).

Ferner werden smarte Produkte nicht wie traditionelle Produkte im Sinne eines Güterverkaufs angeboten, sondern dienen als Eckpfeiler und Plattform für Dienstleistungen, was die traditionelle Unterscheidung zwischen Produkt und Dienstleistung zunehmend obsolet erscheinen lässt (Lusch und Nambisan 2015). Diese Verschmelzung von Produkten und Dienstleistungen entspricht der in der Dienstleistungs- und Marketingforschung verbreiteten Service-Dominanten-Logik (S-D-Logik), die betont, dass Dienstleistungen allen wirtschaftlichen Austauschbeziehungen zu Grunde liegen und demzufolge auch Produkte als Dienstleistungen zu verstehen sind, da sich ihr Wert durch die Nutzung erst erschließt (Vargo und Lusch 2004, 2008).

Darüber hinaus betont die S‑D-Logik die Beteiligung des Nutzers bei der Dienstleistungserstellung, indem er als „Ko-Kreateur“ (aus dem Englischen übersetzt; Vargo und Lusch 2008, S. 8) mitwirkt. Die Vernetzung von Ressourcen und Akteuren auf Basis der smarten Technologien wird der S‑D Logik folgend als „Ko-Kreation von Werten“ (aus dem Englischen übersetzt; Vargo und Lusch 2004, S. 12) betrachtet (Vargo und Lusch 2004; Beverungen et al. 2017b). In diesem Zusammenhang betont die Dienstleistungswissenschaft die weiterhin bedeutsame Funktion des Menschen als aktiver Miterzeuger der Wertschöpfung, obwohl smarte Produkte auch ohne menschliche Interaktion interagieren und handeln können (Wünderlich et al. 2015; Beverungen et al. 2017b; Lim et al. 2018). Der Kunde wird eingebunden, indem seine Nutzerdaten dem Dienstleistungsanbieter bereitgestellt werden (Vargo und Lusch 2004; Yoo et al. 2012; Turber et al. 2014).

Neben der aktiven Beteiligung des Kunden interagieren Dienstleister und Kunde außerdem häufiger miteinander, denn smarte Produkte können nicht nur einmalig angeboten werden wie in der traditionellen Güterwirtschaft, sondern fördern wiederkehrende Kundenkontakte und Möglichkeiten zur Monetisierung, etwa durch die Bereitstellung neuer Funktionalitäten wie Upgrades oder Software-Updates und datenbasierte Abrechnungsmechanismen (Allmendinger et al. 2005; Fleisch et al. 2014; Hui 2014; Porter und Heppelmann 2014). Datenbasierte Abrechnungsmechanismen können die exakte Nutzung und Leistung durch den Kunden selbst für geringe Mengen und in Echtzeit erfassen und diese dann in Rechnung stellen, z. B. Kosten pro gedruckter Seite bei HPs Smart Printing ServicesFootnote 4 (sog. „cost-per-page“ Modell) (Fleisch et al. 2014).

Darüber hinaus können aus den erfassten Produkt‑, Nutzer- und Kontextdaten neue Dienstleistungen generiert werden (Hui 2014; Chan 2015; Beverungen et al. 2017b). Infolge der Interaktion zwischen Dienstleistungsanbieter, Kunde und smarten Produkten bestehen hier Wechselwirkungen, die neue Werte für Kunden und Anbieter schaffen (Kees et al. 2015; Beverungen et al. 2017b). So kann dies zu neuen Erlösquellen für den Anbieter wie dem Verkauf von Daten an Dritte oder neuen Mehrwertdiensten für Kunden führen (Fleisch et al. 2014; Hui 2014; Porter und Heppelmann 2014).

Hinzukommt, dass die gemeinschaftliche Werteerzeugung zwischen Unternehmen, Kunden und smarten Produkten oftmals durch Informationen gekennzeichnet ist, weshalb hier ebenfalls von einem Wert in der Informationsnutzung gesprochen wird. In diesem Sinne muss der Kunde die Informationen, die durch das smarte Produkt zur Verfügung gestellt werden, verstehen und hieraus unter Umständen reale Handlungen ableiten (Lim et al. 2018). Zum Teil sind die smarten Produkte ferner selbstständig in der Lage, Aktionen durchzuführen. Somit haben sie im Vergleich zur einfachen Informationsdarstellung (z. B. Energieverbrauchsdaten bei einem intelligenten Stromzähler, einem sog. Smart Meter) einen größeren Anteil an der gemeinsamen Wertschöpfung (Porter und Heppelmann 2014; Lim et al. 2018). Dennoch fußt weiterhin ein Großteil der gemeinsamen Wertschöpfung auf den Informationen beziehungsweise Daten, die die smarten Produkte bereitstellen. Vielfach wird dieser Mehrwert dem Kunden über eine mobile (Web‑)Applikation zur Verfügung gestellt (Wellsandt et al. 2017).

Da smarte Dienstleistungen intelligente Produkte erfordern, die wiederum häufig unterstützende physische Dienstleistungen beinhalten, z. B. die Finanzierung und Installation eines Smart-Home-Systems, werden diese unterstützenden, physischen Dienstleistungen in Kombination mit intelligenten Produkten auch unter smarten Dienstleistungsangeboten zusammengefasst (Mittag et al. 2018).

Ausgehend von einer Dienstleistungssicht zeigt Abb. 5 die Anatomie von smarten Dienstleistungen. Smarte Dienstleistungen erfordern stets ein smartes Produkt. Allerdings muss das Produkt nicht zwangsläufig in der am Markt angebotenen smarten Dienstleistung integriert sein. Sofern smarte Dienstleistungen separat als rein digitale Dienstleistung angeboten werden (z. B. eine mobile Applikation zur Überwachung des Energieverbrauchs), ist hiermit eine enge Auslegung des Dienstleistungsbegriffs verbunden (smarte Dienstleistung im engeren Sinne). Daneben kann man den Dienstleistungsbegriff weiter fassen (smarte Dienstleistung im weiteren Sinne), sodass hierunter smarte Produkt-Service-Systeme verstanden werden. Diese stellen eine integrierte Dienstleistungslösung dar, bestehend aus einer smarten Dienstleistung, einem smarten Produkt sowie einer eventuellen physischen Dienstleistung. Ein Beispiel für ein solches smartes Produkt-Service-System ist der Verkauf eines Smart-Home-Systems (smartes Produkt) inklusive einer zugehörigen mobilen Applikation (smarte Dienstleistung) und optional die Installation des Systems bei dem Kunden (physische Dienstleistung). In Abb. 5 setzt die smarte Dienstleistung direkt auf das smarte Produkt auf. Zwar kann eine digitale Dienstleistung ohne Produkt verkauft werden, jedoch setzt dies zumindest voraus, dass ein geeignetes smartes Produkt bereits beim Kunden vorhanden ist. Ein smartes Produkt benötigt wiederum immer eine digitale bzw. smarte Dienstleistung, um Nutzen aus den smarten Komponenten zu ziehen.

Abb. 5
figure 5

Abgrenzung smarte Produkte und Dienstleistungen (in Anlehnung an Fleisch et al. 2014; Mittag et al. 2018)

Indem mehrere smarte Produkte zusammengekoppelt werden, entsteht ein Netzwerk an miteinander interagierenden Produkten. Je größer ein solcher Verbund an smarten Produkten ist, desto innovativere und attraktivere smarte Dienste können hierauf aufbauen und angeboten werden (Westerlund et al. 2014; Acatech 2015). Neben den so entstehenden physischen Plattformen werden Datenplattformen auf Grundlage verschiedenster Datenbasen sowie Software- und Dienstleistungsplattformen erzeugt (Acatech 2015). Aus dieser Vernetzung heraus können komplexe Ökosysteme, sog. Systems of Systems entstehen, wodurch sich der Mehrwert einzelner Dienstleistungen und Produkte merklich steigert (Porter und Heppelmann 2014).

5 Der Einfluss smarter Dienste auf Geschäftsmodelle

Geschäftsmodelle im Internet der Dinge versprechen neue Dienste und Kundenerfahrungen sowie Prozessoptimierungen (Hui 2014; Porter und Heppelmann 2014; Ross et al. 2017; Weiß et al. 2018). Es wird erwartetet, dass das Internet der Dinge einige traditionelle Geschäftsmodelle verändert und ersetzt, ähnlich wie zuvor das Internet (Bucherer und Uckelmann 2011). Häufig zwingen disruptive Technologien wie das Internet der Dinge Unternehmen sogar dazu, ihr Geschäftsmodell zu überdenken und anzupassen, um am Markt bestehen zu können (Bower und Christensen 1995; Chesbrough 2010; Sundmaeker et al. 2010).

Im Allgemeinen beschreibt ein Geschäftsmodell in einer vereinfachten und konzentrierten Form, wie ein Unternehmen vermarktbare Informationen, Produkte und/oder Dienstleistungen durch seine Wertschöpfung erzeugt (Wirtz et al. 2016). So wie die Literatur unterschiedliche Definitionen von Geschäftsmodellen hervorgebracht hat, so gibt es mehrere Geschäftsmodellrahmenwerke, die unterschiedliche Komponenten zu einem Geschäftsmodell zusammenfassen (Zott et al. 2011). Zu einigen der bedeutendsten Geschäftsmodellrahmenwerke gehören die von Chesbrough und Rosenbloom (2002), Morris et al. (2005), Osterwalder et al. (2005) und Johnson et al. (2008). Sie alle teilen die Elemente Werteversprechen, Schlüsselprozesse und -ressourcen sowie die Profitformel. Das Werte- bzw. Leistungsversprechen geht auf die Bedürfnisse der Kunden ein und umfasst die angebotenen Produkte und Dienstleistungen beziehungsweise den Nutzen, der hieraus für Kunden folgt (Osterwalder 2004). Die Schlüsselprozesse und -ressourcen definieren die notwendigen Aktivitäten sowie die personellen, informationellen und materiellen Ressourcen, die notwendig sind, um Werte für einen Kunden zu erzeugen (Johnson et al. 2008). Wie Gewinne durch Erlösströme und Kostenstrukturen erzielt werden, beschreibt die Profitformel (Johnson et al. 2008; Teece 2010).

Der Nutzen der smarten Produkte bzw. Dienstleistungen im Rahmen des Wertversprechens bildet den Kern der Wertschöpfung, wie es ferner die S‑D-Logik betont, und bildet darüber hinaus die Grundlage für die Erlöse des Unternehmens (Vargo und Lusch 2004; Osterwalder und Pigneur 2010).

Häufig werden Geschäftsmodelle verwendet, um von einer rein technischen Perspektive abzuweichen. So unterstützen Geschäftsmodelle Unternehmen dabei, Wege zu finden, wie sie von neuen Technologien profitieren können, da sie zwischen technologischen Innovationen und ökonomischen Werten vermitteln können (Chesbrough und Rosenbloom 2002; Osterwalder 2004; Baden-Fuller und Haefliger 2013). Insbesondere befördern Geschäftsmodelle, dass technologische Innovationen in Märkte eintreten, unentdeckte Kundenbedürfnisse befriedigen und nachhaltige Erlöse erzeugen (Chesbrough und Rosenbloom 2002; Baden-Fuller und Haefliger 2013).

In der Literatur besteht weitgehend die Auffassung, dass Geschäftsmodelle im Internet der Dinge neuartige Qualitäten aufgrund der inhärenten Eigenschaften smarter Produkte und Dienste (siehe Abschn. 3 und 4) aufweisen.

Informationen werden hierbei als die zentrale Quelle der Wertschöpfung und des Wertversprechens angesehen (Bucherer und Uckelmann 2011). Ferner wird Partnerschaften von Unternehmen in Form von Netzwerken eine größere Bedeutung im Vergleich zu traditionellen Geschäftsmodellen zugesprochen, da infolge der modularen Architektur smarter Produkte viele verschiedene Anbieter (z. B. Gerätehersteller, Softwareinfrastrukturanbieter, Dienstanbieter, Internet-der-Dinge-Plattform-Anbieter, Mehrwertdienstanbieter, Full-Service-Integrator, Datenanalytiker) auf verschiedenen Ebenen ansetzen und zur Wertschöpfung beitragen können (Yoo et al. 2010; Turber et al. 2014). Demzufolge bezeichnen Faber et al. (2003) ein Geschäftsmodell als die Logik eines Unternehmens oder eines Netzwerks von Unternehmen, die Erlöse erzeugt sowie Werte für Kunden und Netzwerke schafft.

Weiterhin argumentieren einige Forscher (Yoo et al. 2010; Turber et al. 2014; Westerlund et al. 2014) dafür, den Fokus zu ändern von einer firmenzentrischen Geschäftsmodellperspektive hin zu Ökosystem-Geschäftsmodellen. In dieser Perspektive ist die wesentliche Wertschöpfung in Ökosysteme eingebettet und es werden alle beteiligten Akteure mit ihrer Werterzeugung- und Werteerfassung berücksichtigt.

Um wettbewerbsfähig im Internet-der-Dinge-Umfeld zu bleiben, sind Partnerschaften mit anderen Unternehmen in- und außerhalb der eigenen Branche sogar notwendig (Yoo et al. 2010; Burkhart et al. 2011; El Sawy und Pereira 2013; Turber et al. 2014). Gerade digitale Ökosysteme, die branchenübergreifend eine Vielzahl von Unternehmen und ihre smarten Produkte und Dienstleistungen vereinen, weisen ein besonders disruptives Potenzial für Geschäftsmodellinnovation auf (Porter und Heppelmann 2014). Das Unternehmen NestFootnote 5 kooperiert etwa mit Energieversorgungsunternehmen und bietet ihr Thermostat als Plattform für smarte Energiedienste an. So bieten Energieversorger das Thermostat Nest inklusive einer Applikation an, um die Nutzer zu animieren, in Spitzenlastzeiten im Stromnetz ihre HVAC (Heating, Ventilation, Air Conditioning; dt. Heizung, Lüftung, Klimatechnik) herunterzufahren (Yoo et al. 2010; Turber et al. 2014).

Insgesamt müssen Unternehmen die neuen Marktdynamiken und gemeinschaftliche Werterzeugungslogik in smarten Ökosystemen adressieren, um nachhaltige Geschäftsmodelle im Internet der Dinge zu etablieren. Für viele traditionelle Unternehmen, insbesondere im Produktionssektor, stellt dies jedoch eine Herausforderung dar (Fleisch et al. 2014; Turber et al. 2014).

Darüber hinaus finden sich bisher die meisten Implementierungen smarter Technologien im Firmenkundengeschäft (Business-to-Business) und innerhalb eines Unternehmens (Bucherer und Uckelmann 2011). Oftmals dominieren Kostenüberlegungen und Prozessoptimierungen beim Einsatz smarter Technologien, jedoch kommt die Frage auf, wie aus den smarten Technologien Gewinne erwirtschaftet werden können (Bucherer und Uckelmann 2011; Fleisch et al. 2014; Wünderlich et al. 2015). Letztlich muss sich ein Geschäftsmodell auf lange Sicht finanziell auszahlen, um nachhaltig zu sein. In diesem Sinne wird ein Wechsel in den Erlösströmen notwendig, um die gesammelten Informationen zu monetisieren, weshalb etwa eine Entkopplung von Produkten und Informationen empfohlen wird (Bucherer und Uckelmann 2011).

Die Gestaltung von Geschäftsmodellen kommt dieser Denkweise entgegen, da sie nicht nur partielle Veränderungen wie Produktverbesserungen anstrebt, sondern eine Perspektive auf Systemebene einnimmt, sodass alle Geschäftsmodellelemente für die Nutzung technologischer Innovationen miteinbezogen werden (Zott und Amit 2010). Auf diese Weise erhöht sich die Wahrscheinlichkeit, nachhaltigere Geschäftsmodelle zu entwickeln, die schwieriger zu imitieren sind (Chatterjee 2013). Folglich können smarte Produkte bzw. die dadurch entstehenden smarten Dienste auf jede der Komponenten eines Geschäftsmodells einwirken und diese verändern. Abb. 6 zeigt diesen Einfluss auf die wesentlichen Komponenten eines Geschäftsmodells (Wertversprechen, Profitformel, Schlüsselressourcen und -prozesse) (Johnson et al. 2008).

Abb. 6
figure 6

Einfluss smarter Dienste auf Geschäftsmodelle (in Anlehnung an Johnson et al. 2008; Paukstadt et al. 2019)

Abgesehen davon, dass smarte Dienste neue Wertversprechen bieten wie die personalisierte Anpassung von Inhalten auf den Nutzer oder Zusatznutzen über Empfehlungen, können sie ebenso unternehmerische Prozesse und Ressourcen beeinflussen. So werden zur Entwicklung von smarten Produkten neue Kompetenzen (z. B. Data Analytik, Softwareentwicklung) auf Unternehmensseite benötigt. Einige Unternehmensprozesse lassen sich durch smarte Produkte digitalisieren und automatisieren. Die Stromzählerablesung z. B. kann durch Smart Meter automatisch aus der Ferne erfolgen, ebenso wie einige Technikereinsätze durch Remote Monitoring und Predictive Maintenance entfallen können. Über Remote Monitoring können der Zustand und der Betrieb der Gegenstände aus der Ferne überwacht werden. Predictive Maintenance bedeutet vorausschauende Wartung. Sie stellt auf Basis gesammelter Daten frühzeitig Betriebsstörungen fest und verhindert diese, wenn möglich (Mobley 2002; Allmendinger et al. 2005; Mittag et al. 2018). Daneben werden die Netzwerke eines Unternehmens wichtiger, insbesondere größer und heterogener, um möglichst mächtige Produkt- und Dienstleistungsökosysteme bieten zu können. Schließlich betont die Forschung die Bedeutung neuer Erlösformen, indem wiederkehrende und nutzungsabhängige Bezahlmodelle vermehrt angewendet werden (Allmendinger et al. 2005; Fleisch et al. 2014; Hui 2014).

Ein Beispiel für ein innovatives Geschäftsmodell, basierend auf smarten Technologien (hier: Smart Meter), ist OhmConnectFootnote 6. Das Geschäftsmodell von OhmConnect beruht ausschließlich auf einer smarten Dienstleistung. Ferner setzt das Unternehmen auf die aktive Teilnahme von Konsumenten. So bezahlt OhmConnect Haushalte danach, wie hoch ihre Energieeinsparung zu bestimmten Zeiten ist. Genau genommen motiviert das Unternehmen Konsumenten dazu, ihren Energieverbrauch zu bestimmten Spitzenlastzeiten zu reduzieren. In Abhängigkeit von der Beteiligung erhalten die Haushalte einen kleinen Erlös ausgezahlt. Dieses Geschäftsmodell ist erst durch den Einsatz von smarten Produkten möglich geworden, da mit Hilfe von Smart Metern der Verbrauch in Echtzeit gemessen werden kann und diese Lasten direkt an die Energieversorger oder entsprechenden Energiemärkte gegen ein Entgelt weitergegeben werden können. Außerdem baut das Geschäftsmodell auf ein Netzwerk von Energieversorgern und Kunden auf, wobei sich vor allem Letztere in hoher Anzahl beteiligen müssen, damit das Geschäftsmodell rentabel ist.

6 Schlussbetrachtung

Generell sind smarte Produkte keine grundsätzlich neue Idee. Bereits 1988 proklamierte Mark Weiser unter dem Terminus Ubiquitous Computing einen ähnlichen Ansatz (Weiser 1991). Mittlerweile können diese frühen Ideen dank verbesserter und kostengünstigerer Rechenleistung, Fähigkeiten in Datenanalytik und Cloud-Computing tatsächlich umgesetzt werden und etablieren sich in Form smarter Produkte ebenfalls zunehmend im Konsumgütermarkt (Kagermann 2014; Acatech 2015). Intelligente Geräte wie die Fitnesswaage Aria oder die intelligente Heizungssteuerung von Nest interagieren mit ihren Benutzern, lernen von diesen und passen sich ihrem Verhalten an, um den Komfort zu steigern und weitergehende Mehrwerte zu schaffen. Zentral für die Werteerzeugung sind hierbei smarte Dienstleistungen, die in gemeinsamer Wertschöpfung durch die Nutzer, smarten Produkte und Anbieter geschaffen werden (Beverungen et al. 2017b; Oberländer et al. 2018). Infolge der Vernetzung diverser Unternehmen auf unterschiedlichen Architekturebenen von smarten Produkten entstehen mächtige Produkt- und Dienstleistungsökosysteme. Um diese Potenziale ökonomisch zu nutzen, bedarf es der Entwicklung neuer Geschäftsmodelle auf Ökosystemebene unter besonderer Betrachtung von Unternehmensprozessen, -ressourcen, Partnernetzwerken, Erlösströmen und Kundenangeboten. Trotz all dieser Vorteile und neuen Möglichkeiten, die die smarten Produkte und Dienstleistungen den Unternehmen bieten, stellen diese sowohl die Unternehmen als auch die Gesellschaft vor eine Bandbreite von Herausforderungen. Porter und Heppelmann (2014) postulieren hierzu 10 globale Fragestellungen, die vom Einfluss von smarten Produkten auf die Unternehmensstrategie bis hin zur Datennutzen durch den Kunden reichen. Ausgehend von dieser Betrachtung zeigt sich, dass Unternehmen zukünftig sowohl einem externen, aber vor allem daraus resultierenden internen Strukturwandel gerecht werden müssen. An dieser Stelle ist die Forschung mit der Bereitstellung von Konzepten, Methoden und Werkzeugen zur Entwicklung, Einführung und Management der Systeme aber auch mit Anpassung bestehender Organisationsstrukturen und Prozessabläufe gefordert. Wie der Beitrag aufgezeigt hat, existieren bereits einige Forschungsarbeiten zu dem Themenfeld smarte Produkte. Letzteres birgt jedoch ebenso viele offene Fragestellungen und eröffnet zukünftig weitere infolge der zunehmenden Verbreitung und steigenden Fähigkeiten der smarten Produkte.