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Licensed Unlicensed Requires Authentication Published by De Gruyter (O) September 13, 2019

PI-Zustandsregler - eine methodische Neubetrachtung

PI statespace control revisited
  • Gernot Grabmair

    FH-Prof. Dr. Gernot Grabmair ist Professor für Regelungs- und Steuerungstechnik, Leiter des Fachbereichs Energietechnik und der Forschungsgruppe Modellbasierte Regelungstechnik und embedded control (http://www.modelbaseddesign.at). Arbeitsgebiete: modellbasierte Entwurfsmethoden für nichtlineare mechatronische Systeme, Parameteridentifikation, embedded control.

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    and Reinhard Gahleitner

    FH-Prof. DI Reinhard Gahleitner ist Professor für Regelungstechnik. Seine Hauptarbeitsgebiete sind modellbasierte Methoden für lineare und nichtlineare mechatronische Systeme. Ein besonderes Anliegen ist die durch anschauliche Laborexperimente unterstützte Regelungstechniklehre.

Zusammenfassung

Dieser Beitrag diskutiert die Wahlmöglichkeiten hinsichtlich der konstanten Führungsgrößenaufschaltung, um einen bestehenden Zustandsregler für allgemeine d. h. auch sprungfähige sowohl zeitkontinuierliche als auch zeitdiskrete LTI-SISO-Systeme um einen Integralanteil auf einen sogenannten PI-Zustandsregler zu erweitern. Der Fokus dieser Arbeit liegt in einer systemanalytischen Interpretation der charakteristischen Fälle. Infolge des konstruktiven Zugangs können Methoden präsentiert werden, wie ein bestehender Zustandsregler ohne vollständigen Neuentwurf um einen Integralanteil erweitert werden kann. Dies ermöglicht prinzipiell eine ressourcenschonende online Umparametrierung bzw. Zu- und Abschaltung des I-Anteils. Von besonderem Interesse ist dabei die Möglichkeit, durch dezidierte Wahl der Vorfilterkonstante sogar die Invarianz des gesamten Führungsverhaltens des ursprünglichen Zustandsreglers zu erzielen. Dies wird durch systematische Abspaltung eines nicht erreichbaren Teilsystems erzwungen. Weiters wird hierfür die direkte Äquivalenz zu einem reduzierten Störgrößenbeobachter gezeigt. Eine andere Parametrierung erlaubt, rampenförmigen Führungssignalen asymptotisch exakt zu folgen bzw. derartige Ausgangsstörungen zu unterdrücken. Die Demonstration der wesentlichen präsentierten Methoden an einem Simulationsmodell mit integrierendem Verhalten schließt diesen Beitrag.

Abstract

This article discusses the options for constant reference feedforward in order to extend an existing state controller for general, i.e, even non-strictly proper both time-continuous and time-discrete LTI-SISO systems by an integral component to a so-called PI state controller. The focus of this work lies in a system-analytical interpretation of the characteristic cases. As a result of the constructive approach, methods can be presented as to how an existing state controller can be extended by one integral part without a complete redesign. This basically allows a resource-saving online reparameterization or connection and disconnection of the integral action. Of particular interest is the possibility to even achieve the invariance of the overall control behavior of the original state controller by dedicated selection of the prefilter constant. This is enforced by systematically splitting off an unreachable subsystem. Furthermore, the direct equivalence to a reduced disturbance observer is shown. Another parameterization allows to follow ramp-shaped reference signals asymptotically exact or suppress such output disturbances. The demonstration of the main methods presented on a simulation model with integrating behavior closes this contribution.

Über die Autoren

FH-Prof. Dr. Gernot Grabmair

FH-Prof. Dr. Gernot Grabmair ist Professor für Regelungs- und Steuerungstechnik, Leiter des Fachbereichs Energietechnik und der Forschungsgruppe Modellbasierte Regelungstechnik und embedded control (http://www.modelbaseddesign.at). Arbeitsgebiete: modellbasierte Entwurfsmethoden für nichtlineare mechatronische Systeme, Parameteridentifikation, embedded control.

FH-Prof. DI Reinhard Gahleitner

FH-Prof. DI Reinhard Gahleitner ist Professor für Regelungstechnik. Seine Hauptarbeitsgebiete sind modellbasierte Methoden für lineare und nichtlineare mechatronische Systeme. Ein besonderes Anliegen ist die durch anschauliche Laborexperimente unterstützte Regelungstechniklehre.

Danksagung

Der Erstautor dankt der Österreichischen Forschungsförderungsgesellschaft (FFG) im Rahmen der Projekte DismoSim und RClowCAP und dem Land Oberösterreich im Rahmen der FTI-Strukturförderung „Erforschung von Methoden für die Mobilität der Zukunft“ für die finanzielle Unterstützung im Laufe dieser Arbeit. Weiters gilt der explizite Dank den Studenten des Masterstudienganges Automatisierungstechnik, Jahrgang 2018, insbesondere den Herren Eder, Höller und Kaineder für die Beharrlichkeit bei der Ausarbeitung und Umsetzung ihrer Laborübungen, welche einen Anstoß für die angeführten Untersuchungen gaben.

Anhang A

Für die Herleitung der Reglerparameter von Satz 1 wird vom geschlossenen Regelkreis (9) aus Abschnitt 3 ausgegangen und die dort diskutierte Transformation z = T x e mit (10) angewandt. Durch die einfache Struktur von T ist auch die inverse Transformation einfach zu berechnen zu

T 1 = I 0 t 21 T t 22 1 = I 0 t 21 T t 22 1 t 22 .

Das Ausführen der vollständigen Transformation A ¯ c = T A c T 1 führt in diesem Fall auf ein „direkter“ lösbares Gleichungssystem als der Ansatz A ¯ c T = T A c , welcher das Invertieren der Matrix vermeidet. Die Berechnung der transformierten Matrix A ¯ c ergibt

A ¯ c = A ¯ 11 a ¯ 12 a ¯ 21 T a ¯ 22 = A b k x T + b t 21 T k I t 22 b k I t 22 a ¯ 21 T t 21 T b k I t 22 d k I

mit a ¯ 21 T =

t 21 T A b k x T + t 22 c T d k x T + t 21 T b t 21 T k I t 22 + t 21 T d k I .

Der Eintrag A ¯ 11 liefert wegen der Forderung (11)

A b k x T t 21 T k I t 22 = ! A b k T

den Zusammenhang

k x T = k T + t 21 T k I t 22

und damit vereinfacht sich a ¯ 21 T zu

a ¯ 21 T = t 21 T A b k T + t 22 c T d k T = ! 0 T .

Die Forderung, diesen Ausdruck Null zu setzen, aus (11) garantiert die Invarianz der Eigenwerte von A b k T in A ¯ c und spaltet den zusätzlichen des erweiterten Systems in a ¯ 22 ab. Es folgen damit unmittelbar die Bedingungen für die Transformation

(16) t 21 T = t 22 c T d k T A b k T 1

und für die Rückkopplung

(17) k x T = k T k I c T d k T A b k T 1 .

Mit (16) vereinfacht sich noch der Eintrag a ¯ 22 von A ¯ c zu a ¯ 22 = k I k r und daher ist

A ¯ c = A b k T b k I t 22 0 T k I k r

wie beabsichtigt. Durch die Block-Dreieck-Struktur von A ¯ c ist zu erkennen, dass allein durch die Wahl (17) für k x T bei noch beliebigem k I die Eigenwerte von A b k T erhalten bleiben. Der zusätzliche Eigenwert λ I kann bei gegebenem Wert von k r nach (3) mit k I = λ I k r beliebig eingestellt werden.

Die Transformation des Eingangsvektors und ein Vergleich mit der transformierten Struktur (11)

b ¯ c = T b c = b k r , e t 21 T b k r , e + t 22 d k r , e 1 = ! b ¯ 1 0

führt zu den Bedingungen

(18) b ¯ 1 = b k r , e und t 21 T b k r , e + t 22 d k r , e 1 = 0 .

Aus der zweiten Bedingung von (18) berechnet sich mit (16) für die Führungsgrößenaufschaltung der Wert

k r , e = 1 c T d k T A b k T 1 b + d .

Das ist aber gerade jener Wert, der sich auch beim Zustandsregler ohne I-Anteil in (3) ergibt, also folgt aus k r , e = k r die Nichterreichbarkeit des zweiten Teilsystems.

Mit der Transformation der Ausgangsgleichung c ¯ c T = c c T T 1 und d c ¯ = d c folgt schließlich die transformierte Darstellung des geschlossenen Kreises (12), die alle obigen Vorgaben und Bedingungen erfüllt.

A.1 Zeitdiskreter Fall

Für ein zeitdiskretes System

(19) x k + 1 = Ax k + b u k , x 0 = x 0 y k = c T x k + d u k

mit der Abtastzeit T kann ein linearer Zustandsregler u k = k T x k + k r r k mit der Führungsgrößenaufschaltung

(20) k r = 1 c T d k T A bk T I 1 b + d .

wie folgt auf einen PI-Zustandsregler

(21) x I , k + 1 = x I , k + T y k r k u k = k x T x k I x I + k r , e r .

erweitert werden.

Satz 4.

Jeder für das vollständig erreichbare zeitdiskrete System (19) beliebig gültig entworfene Zustandsregler kann bei invariantem Führungsverhalten durch die Wahl

k r , e = k r k I = 1 λ I k r T k x T = k T k I T c T d k T A b k T I 1

auf einen PI-Zustandsregler (21) erweitert werden, wobei λ I < 1 den noch freien Entwurfsparameter direkt für die Stärke der Integratorwirkung darstellt. Hierbei ist für die Existenz ausreichend, dass die Strecke keine invarianten Nullstellen bei z = 1 besitzt bzw. dass k r ermittelbar ist.

Literatur

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Erhalten: 2019-03-05
Angenommen: 2019-06-13
Online erschienen: 2019-09-13
Erschienen im Druck: 2019-09-25

© 2019 Walter de Gruyter GmbH, Berlin/Boston

Downloaded on 24.4.2024 from https://www.degruyter.com/document/doi/10.1515/auto-2019-0037/html
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