Zusammenfassung
Die Sprachregeln, nach denen Fachliteratur über Computertechnik überwiegend aufgebaut ist, folgen den Traditionen insbesondere der klassischen Physik und der Mathematik. Die Sprache ist vollständig auf das beschriebene Objekt bezogen. Weder die schreibende Person noch die lesende tritt explizit auf. Nicht ich beschreibe einen Vorgang und ziehe Schlußfolgerungen und Du liest meine Beschreibung, stimmst mir zu oder auch nicht, sondern der Vorgang läuft ab und es folgt etwas daraus. Die Regeln der wissenschaftlichen Wertneutralität verlangen dann auch von uns, daß wir alles Persönliche ausklammern: Befürchtungen, Erwartungen, Bedürfnisse, Zweifel, die mit unserem Arbeitsgebiet verbunden sind. Wir sollen uns beschränken auf die Schilderung des Ablaufs technischer Ereignisse. Ob die Art und Weise, wie wir unsere Arbeit zu Papier bringen, für die Person, die das später lesen wird, auch interessant, verständlich und ansprechend ist, spielt nach streng wissenschaftlichen Maßstäben keine Rolle.
Diese Distanziertheit steht im starken Gegensatz zur weiblichen Sozialisation. Weibliche Identitat ist zu einem groBen Teil aufgebaut auf der Fahigkeit, Kontakt zu finden, Nahe herzustellen, die eigenen GefOhle wahrzunehmen und auf andere Menschen einzugehen.
Wir befinden uns als Frauen hier in einem standigen Dilemma: Beugen wir uns den Sprachregeln, so verleugnen wir unsere Identitat, erhalten auch von der Umwelt schnell den Stempel unweiblich. Durchbrechen wir aber die Regeln und folgen eigenen BedOrfnissen. werden wir nicht ernstgenommen. „Mann“ spottet Ober uns als unwissenschaftlich, naiv, usw.
Werden in moderner Fachliteratur, Computer-Manuals, LehrbOchern und Fachzeitschriften usw. doch ab und zu menschliche Wesen explizit erwahnt. so mit seltenen Ausnahmen (z. Bsp.: die Datentypistin) ausschlieBlich in mannlicher Form: der Anwender. der Systemverwalter, usw. Werden Beispiele aus dem Alltagsleben eingefOhrt. urn komplizierte Sachverhalte anschaulicher zu gestalten, sind sie sehr haufig aus mannlichen Lebenszusammenhangen entnommen (Militar, FuBball etc.). Auch direkte Djskriminierung von Frauen haben wir in solchen Beispielen gefunden. FOr uns Frauen entsteht in selchen Fallen schnell der Gedanke, daB wir als potentielle Leserinnen zumindest nicht eingeplant. vielleicht aber auch gar nicht erwunscht sind.
Wir wollen an einigen Literaturbeispielen zeigen, wie Frauen ihre Phantasie und Kreativitat eingesetzt haben und bisher geltende Sprachregeln umgangen, verandert. und auBer Kraft gesetzt haben.
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Literaturangaben
Thea Bauhedl: Das Leben riskieren, Psychoanalytische Perspektiven des politischen Widerstands, Piper, München 88
Elmar Buschlinger:Software — Entwicklung mit UNIX, Teubner, Stuttgart 1985
Sarah Jansen:Magie und Technik, in C. Lippmann (Hrsg), Technik ist auch Frauensache, VSA, Hamburg, 86
Carolyn Merchant:Der Tod der Natur — Ökologie, Frauen und neuzeitliche Naturwissenschaft, Beck, München, 87
Luise Pusch:Das Deutsche als Männersprache, Suhrkamp, Frankfurt 1984
Christel Schachtner:Über den (un-)aufhaltsamen Aufstieg der instrumentellen Vernunft oder: Wo bleibt hier die Lebendigkeit?, in: Naturwissenschaft und Technik, doch Frauensache?, Tagungsband des Kerschensteinerkol-legs, München 1986
Christiane Wolfinger:Keine Anst vor UNIX, VDI — Verlag, Düsseldorf 1988
Kollektiv:Frauen und Informatik — Anspruch und Realität, Mitteilung Nr. 155 des Fachbereichs Informatik der Universität Hamburg, 1988
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© 1989 Springer-Verlag Berlin Heidelberg
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Craubner, H. (1989). Sprachverhalten in Computer-Fachliteratur aus feministischer Sicht. In: Schelhowe, H. (eds) Frauenwelt — Computerräume. Informatik-Fachberichte, vol 221. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-642-75164-6_33
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