Zusammenfassung
„Ehe man sich Griffith und Eisenstein oder Murnau vornimmt, um nur die bekanntesten Beispiele zu nehmen, ehe man mit damit anfangen kann, sie sich anzuschauen, müßte man erst die materiellen Möglichkeiten, die es gibt zusammenbringen, die beispielsweise darin bestehen, einen Film vorzuführen, ihn langsamer laufen zu lassen, um etwa zu sehen, wie Griffith oder jemand anders irgendwann an einen Schauspieler herangegangen ist und die Großaufnahme, wenn nicht unbedingt erfunden, so doch zum erstenmal mit einer gewissen Methode verwendet hat. Wie er daraus eine Stilfigur gemacht hat, wie er etwas gefunden hat, so wie ein Schriftsteller irgendwann eine bestimmte Grammatik erfunden hat. Aber dazu muß man den Film von Griffith haben und ihn sich in Ruhe ansehen können, um den Moment zu entdecken, wo man spürt: da passiert etwas. Und wenn man zum Beispiel der Meinung ist, daß etwa fast Analoges, aber auf andere Weise, etwa in Rußland passiert ist, was dessen Folge oder Erbe oder Vetter oder Ergänzung ist, wenn man es mit Eisenstein vergleichen möchte, dann muß man den Film von Eisenstein haben, ihn sich in Ruhe auf den Moment hin anschauen, dann die beiden Momente zeigen und das außerdem mit anderen zusammen machen und nicht allein, um zu sehen, ob das wirklich was ist. Und wenn nichts da ist, dann sucht man eben woanders. So wie Wissenschaftler im Laboratorium arbeiten. Aber dieses Labor gibt es nicht. Die einzige Stelle, wo es Forschung gibt, ist die Pharmazeutik, ein bißchen noch die Medizin und ein paar Universitäten, aber da immer im Zusammenhang mit militärischen Projekten Da forscht man allerdings, dafür gibt es Instrumente. Aber nicht fürs Kino. Wenn wir hier sowas machen wollten... “ „Ich habe eine Vorstellung von der Methode, aber nicht die Mittel. ... Man muß sich den Film anschauen können, aber nicht in einer Projektion, weil man da immer sagen muß: Wir haben doch vor einer Dreiviertelstunde gesehen, erinnern sie sich ... Das bringt nichts. Man müßte das sehen und danach vielleicht eine andere Großaufnahme, aber zusammen.“ [14]. Jean Luc Godards Unbehagen an der Unmöglichkeit einer „wahren Analyse des Kinos“, einer Analyse, die den Film als Film und nicht nur als Text oder Vortrag über den Film wahrnimmt, ist nun etwa über zehn Jahre alt, geäußert am Beginn einer Vorlesung am Conservatoire d’Art Cinématographique in Montreal. Die Vorlesung trug den programmatischen Titel „Introduction à une veritable histoire du cinéma et de la télévision“. Diese veritable Geschichte des Kinos technisch zu erleichtern, ist durch die massenhafte Perspektive interaktiver multimedialer Systeme ein deutliches Stück nähergerückt. Ein Schritt in diese Richtung, die interaktive Analyse eines Films, geschrieben als Hypertext, ist Gegenstand dieses Papiers.
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Coy, W. (1990). „Film als Buch“. In: Gloor, P.A., Streitz, N.A. (eds) Hypertext und Hypermedia. Informatik-Fachberichte, vol 249. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-642-84282-5_29
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