Die Gesellschaft für Informatik, das Karlsruher Institut für Technologie, die KIT-Fakultät für Informatik mit dem Institut für Programmstrukturen und Datenorganisation sowie das FZI-Forschungszentrum Informatik trauern um

Professor em. Dr. Dr. h.c. Gerhard Goos

der im Alter von 82 Jahren verstorben ist.

Mit Professor Gerhard Goos verliert die deutsche Informatik einen ihrer größten und prägendsten Pioniere und die KIT-Fakultät für Informatik ihren Gründer und eine ihrer bedeutendsten Persönlichkeiten.

Professor Gerhard Goos begleitete die ersten Schritte der deutschen Informatik wie kaum ein zweiter und viele hochrangige Institutionen verdanken ihre großartigen Entwicklungen in den vergangenen Jahrzenten seinem Engagement.

Der gebürtige Nürnberger war der erste Informatik-Professor, der auf den Lehrstuhl für Informatik – damals noch an der Fakultät für Mathematik der Universität Karlsruhe (TH) – nach Karlsruhe berufen wurde. In seinen ersten Jahren als Lehrstuhlinhaber leistete er einen wesentlichen Beitrag zur Gründung der deutschlandweit ersten Informatikfakultät im Jahr 1972 und gestaltete so von Karlsruhe aus den Beginn der flächendeckenden Informatikforschung in Deutschland. Die von ihm verfassten Lehrbücher zur Informatik wirkten maßgeblich auf das Informatik-Curriculum der deutschsprachigen Hochschullandschaft. Auch in seiner Funktion als Vorsitzender des Sachverständigenausschusses Überregionales Forschungsprogramm Informatik des Bundesministeriums für Forschung und Technologie, das die finanzielle Ausstattung der Informatik an Hochschulen der Bundesrepublik steuerte, war er ein wesentlicher Treiber der Etablierung der Informatik in der deutschen Hochschullandschaft. Diese Prägung wirkt auch heute durch seine fast 90 akademischen SchülerInnen fort, die nun selbst vielfach in nun verantwortlichen Positionen an Hochschulen, Universitäten und in der Wirtschaft tätig sind.

Im Jahr 1984 war Gerhard Goos einer der Initiatoren des FZI – Forschungszentrums Informatik, einem weiteren Meilenstein der Informatik in Karlsruhe, wo er als Direktor den Forschungsbereich Software Engineering leitete. Sein Gründertun beschränkte er jedoch nicht nur auf Deutschland: In Berkeley war er an der Gründung des International Computer Science Institute (ICSI) beteiligt, einem unabhängigen Labor, das Grundlagenforschung im Bereich der Informatik betreibt. Goos war Mitglied des Vorstandes der Gesellschaft für Mathematik und Datenverarbeitung (GMD) von 1986–1991, bei dem er in strategisch-politischer Rolle international sichtbare Informatikforschung deutschlandweit ausbaute.

Daneben war Goos Mitgründer vieler weiterer namhafter Forschungs- und Facheinrichtungen, insbesondere auch der Gesellschaft für Informatik (GI). Als Mitgründer und erster Mitherausgeber der Lecture Notes in Computer Science (LNCS) sorgte er bereits 1973 für ein internationales Publikationsorgan der jungen Disziplin, das bis heute eine der größten Schriftenreihen der Informatik weltweit geblieben ist. Wer Goos’ geradezu enzyklopädisches Gedächtnis kannte, weiß, dass er sich mit den Inhalten der von ihm herausgegebenen Bände auseinandergesetzt und sie verinnerlicht hat. Als Mitherausgeber hat er auch das Informatik-Spektrum, das offizielle Organ der GI, über Jahrzehnte bis zu seinem Tod begleitet und gestaltet.

Goos befasste sich als Wissenschaftler insbesondere mit der Übersetzungstechnologie und Code-Erzeugung, den formalen Methoden in der Software-Konstruktion und der Restrukturierung und Sanierung objektorientierter Software. Er entwarf und implementierte den ersten europäischen ADA-83 Compiler, die Sprache Sather‑K sowie wegweisende Verfahren zur Codeoptimierung. Seine Prägung der deutschen Software-Technik in ihrer spezifischen Mischung aus Formalisierung und ingenieurmäßigen Ansatz wirkt bis heute fort.

Auch nach seiner Emeritierung im Jahr 2005 war Goos um die Weiterentwicklung der Informatik bemüht und für das KIT, das FZI, die GI, KollegInnen und auch NachwuchswissenschaftlerInnen immer ein sehr gefragter Ansprechpartner.

Goos konnte auf eine Vielzahl an Erfolgen und Ehrungen zurückblicken, nach einer Ehrenpromotion der TU Budapest 2004 und der Ernennung als GI-Fellow 2005 wurde er zuletzt im November 2019 zum Fellow der International Federation for Information Processing (IFIP) ernannt. Noch im Sommer 2019 begeisterte er bei den bundesweiten Feierlichkeiten zu „50 Jahren Informatikstudium“ ein nationales Publikum mit seinen Ausführungen zur Entwicklung seines Fachs. Anlässlich seines 80. Geburtstages im Jahr 2018 wurde der größte Hörsaal des Informatikgebäudes auf dem KIT Campus Süd in „Gerhard-Goos-Hörsaal“ umbenannt.

Unsere Gedanken und unser tief empfundenes Mitgefühl sind in diesen schweren Zeiten bei seiner Familie und seinen Angehörigen. Seinen Verdiensten und seiner Persönlichkeit werden wir immer ein besonderes Andenken erhalten.