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Umweltgerechtigkeit in der Ökonomie

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Poiesis & Praxis

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Notes

  1. Gelegentlich finden sich vermittelnde Modelle, welche die Einkommensverteilung als Parameter in die individuellen Nutzenfunktionen einbauen und Ungleichheit als Nutzeneinbuße erfassen, so dass die Individuen eine gewisse „inequality aversion“ aufweisen und freiwillige Umverteilung begründbar wird. Vgl. den Überblick bei Güth/Napel 2006.

  2. Der in dieser Hinsicht von John Rawls unternommene Versuch, Einkommensungleichheiten mit dem Differenzprinzip zu begründen, wird in der Ökonomie nicht vertreten. Gleiche Rechte und gleiches Einkommen gehören bei Rawls zur Urgerechtigkeit. Dazu führt er lapidar aus: Da sich ein Mensch im Urzustand weder besondere Vorteile verschaffen kann, noch besondere Nachteile hinnehmen muss und er deshalb nicht mehr als einen gleichen Anteil an den gesellschaftlichen Grundgütern erwarten kann, „..ist es das Vernünftigste, als ersten Schritt einen Gerechtigkeitsgrundsatz anzuerkennen, der eine Gleichverteilung fordert.“ (Rawls 1979:175) Die zentrale ethische Frage ist also: Spielt bei den Menschen der Ursinn nach gleichem Einkommen die entscheidende Rolle oder anerkennt jeder seine Fähigkeiten und strebt für sich nach dem größtmöglichen Glück?

  3. Dieser Grundsatz ist Ausdruck der althergebrachten Goldenen Regel („Was du nicht willst, dass man dir tu`, das füg` auch keinem anderen zu “ oder positiv formuliert „Behandle andere so, wie du selbst behandelt werden willst“).

  4. Wenn die Menschen auf Rechte verzichten, verbinden sich damit für sie auch Nachteile. Ob diese Nachteile in Höhe und Verteilung der Kooperation entgegenstehen, wird vom Modell nicht thematisiert. Prämisse ist, dass eventuelle Nachteile für jedermann so geringfügig im Verhältnis zu den Vorteilen sind, dass alle Menschen vom Zusammenschluss gewinnen.

  5. Die Idee der klassischen Vertragstheorien wurde von Buchanan/Tullock (1965) und Buchanan 1984 in die Ökonomie eingeführt. Vgl. zu einem Überblick mit Betonung der Kooperationseigenschaften der Vertragstheorien Cansier/Bayer 2003.

  6. Das Pareto-Kriterium ist auch überfordert, wenn es um die Beurteilung dynamischer Veränderungen in der Wirtschaft geht. Nach Schumpeter (1952:101) ist wirtschaftliche Entwicklung ein Prozess der „Durchsetzung neuer Kombinationen“, die nicht nur ihre Vorzüge, sondern auch Schattenseiten hat: „Insbesondere in der Konkurrenzwirtschaft, in der sich die neuen Kombinationen durch das Niederkonkurrieren der alten durchsetzen, wird dadurch der ihr eigentümliche, viel zu wenig beachtete Prozess des sozialen Auftriebs einerseits und der sozialen Deklassierung andererseits … erklärt“.

  7. Von juristischer Seite wurde das Vertragsmodell von Murswick 1995 auf Fragen des Umweltschutzes angewendet.

  8. Bei der Forderung nach kostenminimalem Umweltschutz handelt es sich nur anscheinend um ein neues Effizienzkriterium, denn die Nutzenseite kann bei richtigem Verständnis von Politik nicht ausgeklammert werden. Kostenminimierung als Alleinziel macht keinen Sinn.

  9. Die klassische Reziprozität meint den gleichen Verzicht der Menschen auf grundlegende Rechte. Jetzt geht es aber um die Emissionsminderung durch nicht identische Staaten. Sie weisen unterschiedliche Emissionsniveaus und ökonomische Bedingungen auf, dies vor allem im Verhältnis der Industrieländer zu den Entwicklungsländern. Zur Bewertung ist dann nach liberaler Konzeption nicht die absolute Gleichbehandlung, sondern die Regel der gerechten Proportionalität heranzuziehen.

  10. In Art 3 1. der Klimarahmenkonvention heißt es: „Die Vertragsparteien sollen auf der Grundlage der Gerechtigkeit und entsprechend ihren gemeinsamen, aber unterschiedlichen Verantwortlichkeiten und ihren jeweiligen Fähigkeiten das Klimasystem zum Wohl heutiger und künftiger Generationen schützen. Folglich sollen die Vertragsparteien, die entwickelte Länder sind, bei der Bekämpfung der Klimaänderungen und ihrer nachteiligen Auswirkungen die Führung übernehmen“.

  11. Vgl. zur langfristigen gesellschaftlichen Zeitdiskontierung Cline 1992:235 ff. und Cansier/Bayer 2003:230 ff.

  12. Genau genommen ist die langfristige Wohlfahrtsentwicklung relevant, die nicht nur von der Versorgung mit materiellen Gütern abhängt, sondern auch von den natürlichen Umweltbedingungen bestimmt wird.

References

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Cansier, D. Umweltgerechtigkeit in der Ökonomie. Poiesis Prax 5, 33–51 (2008). https://doi.org/10.1007/s10202-007-0036-9

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