Zusammenfassung
Statistik und Recht scheinen zwei gänzlich verschiedene Disziplinen zu sein. Während man mit der Statistik Formeln assoziiert, dominiert im Recht das geschriebene Wort. Und dennoch sind sich beide im Kern ähnlich: Häufig muss eine Entscheidung herbeigeführt werden und selten kann man mit 100%iger Sicherheit behaupten, dass die gefällte Entscheidung die richtige ist. Nicht nur diese Wesensverwandtheit nähert die beiden Disziplinen einander an – durch die gestiegene Verfügbarkeit von Daten sind deren Auswertungen zunehmend auch Bestandteil von Rechtsprechungsdokumenten, indem statistische Auswertungen nicht selten entscheidungsrelevant sind. Doch da statistisches Denken weder intuitiv ist, noch die grundlegenden Methoden im Rahmen des juristischen Studiums vermittelt werden, stehen juristische Entscheider nicht selten vor einer großen Herausforderung, wenn es darum geht, widersprüchliche Argumente statistischer Natur zu bewerten. Der folgende Beitrag zeigt anhand zweier Fallbeispiele konkret auf, in welchem Kontext statistische Analysen in gerichtlichen Entscheidungen auftreten und zieht daraus die Konsequenz, dass eine statistische Grundbildung für Juristinnen und Juristen unerlässlich ist, um sachgerechte und methodisch korrekte Entscheidungen herbeizuführen.






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Ihden, T. „Iudex non calculat“ – Die Erfordernis „statistischer Belesenheit“ im (scheinbar) zahlen- und formelleeren Raum. AStA Wirtsch Sozialstat Arch 13, 257–268 (2019). https://doi.org/10.1007/s11943-019-00258-4
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